Der Österreicher Gregor Sieböck wanderte drei Jahre lang von seiner Heimat bis nach Japan. Mittlerweile ist Wandern sein Job. Im Interview verrät er, wie er sich mal knapp vor Wildschweinen rettete, welcher Philosophie er beim Wandern nachgeht und warum er das Manuskript seines neuesten Buchs komplett in einem Notizbuch von paper republic verfasst hat.

Wann hast du dich aufgemacht, die Welt zu bewandern – und warum?

Nach dem Abschluss meines langen Studienweges arbeitete ich in der World Bank in Washington und meine Karriere schien so ziemlich in Stein gemeißelt. Doch ich lehnte die angebotene Laufbahn höflich ab und machte mich stattdessen für mein erstes globales Abenteuer bereit: von Österreich über Südamerika, die USA und Neuseeland nach Japan zu wandern. Ich bewältigte 15.000 km zu Fuß und brauchte drei Jahre für die Reise.

Wie hat diese Reise dein Leben verändert?

Als ich wieder in Österreich angekommen war, gab ich hunderte Vorträge über meine Erfahrungen und schrieb mehrere Bücher. Dann begann meine nächste Reise. Aber dieses Mal ohne festes Ziel vor Augen. Ich wollte, dass die Route sich während der Wanderung von selbst ergibt.

Das führte dann wieder zu weiteren Projekten: weitere Bücher, weitere Vorträge und vier Kino-Dokumentationen. Jetzt ist es seit 22 Jahren mein Job, einfach zu wandern und meine Erfahrungen mit der Welt zu teilen.

Wie hältst du dich finanziell über Wasser, wenn du um die Welt wanderst?

Ich habe mir mehrere Einkommensquellen aufgebaut. Zum einen fotografiere ich und erstelle Fotostorys. Außerdem buche ich immer mal irgendwo auf meiner Route ein altes Kino oder Rathaus, hänge Poster auf und halte einen Vortrag, für den ich Eintritt nehme.

Manchmal verdiene ich vor einer Reise auch so viel, dass ich währenddessen gar nicht arbeiten muss. Und ich habe auch ein Einkommen durch die Verkäufe der fünf Bücher, die ich bisher geschrieben habe.

Wie nutzt du dein Notizbuch von paper republic zum Bücher schreiben?

Mein neuestes Buch habe ich komplett in meinen Notizbüchern verfasst, in drei Etappen. Erst habe ich mir während der Reise grobe Notizen gemacht. Dann habe ich diese in einem anderen Notizbuch zu einem Manuskript ausgearbeitet. Und als ich damit zufrieden war, habe ich es am Laptop abgetippt.

Ich finde es unterwegs so viel einfacher und schneller, Notizen mit Stift und Papier festzuhalten als am Handy oder Laptop. Und ich kann am Strand oder in einer abgelegenen Hütte einfach besser schreiben als an der Tastatur. In der Regel ziehe ich mich dafür an einen Ort zurück, an dem ich nicht gestört werde. Den Großteil meines letzten Buchs habe ich in einer norwegischen Holzhütte am Polarkreis direkt in mein Notizbuch von paper republic geschrieben.

Dein neues Buch Frei Sein Zu Gehen ist im Sommer 2025 erschienen. Worum geht es darin?

Frei sein zu gehen ist zum Teil ein Reisetagebuch, aber es geht auch darum, wie man ein freies und inspirierendes Leben führen kann. Ich habe in den letzten 22 Jahren auf meinen Reisen so viele interessante Menschen kennengelernt und von ihnen so viele tolle Geschichten gehört. Ich wollte diese Geschichten mit anderen teilen – und damit auch die Inspiration, die ich dadurch erfahren durfte.

Mit dem Schreiben angefangen habe ich 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie. Kurz bevor die Grenzen geschlossen wurden, habe ich es noch nach Norwegen geschafft. Und dann den ganzen Winter und Frühling am Polarkreis verbracht und in der Holzhütte eines Freundes an einem See geschrieben.

Warum magst du speziell die Notizbücher von paper republic, um deine Reisenotizen und Bücher zu schreiben?

Ich finde die Langlebigkeit eurer Notizbücher wirklich toll – dass ich das Ledercover immer wiederverwenden kann, wenn mein Papier vollgeschrieben ist. Außerdem liebe ich hochwertige, handgemachte Produkte. Es fühlt sich für mich an, als wenn die Philosophie von paper republic genau der richtige Weg ist. Gutes Leder aus vertrauensvollen Quellen, das in ethischer Herstellung zu diesen wunderbaren Produkte verarbeitet wird. In Österreich und mit sehr hohem Qualitätsstandard.

Was darüber hinaus ideal ist für Reisende wie mich, ist der Stauraum. Ich bewahre alle möglichen Kleinigkeiten darin auf, die sich unterwegs ansammeln: Postkarten, Visitenkarten, andere kleine Mitbringsel.

Und ich mag, dass meine Notizbücher von paper republic mich auf meiner Reise durchs Leben begleiten und dabei immer schöner werden, weil sie die Geschichten des Lebens festhalten. Und zwar nicht nur im Inneren, auf den Seiten mit all meinen Notizen – sondern auch von außen. All die Abnutzungsspuren und Kratzer sind auch kleine Geschichten. Ich glaube, mein grand voyageur wird mich für den Rest meines Lebens überall begleiten.

Du bist so viel unterwegs – fehlt dir manchmal das Netzwerk oder das Gefühl, an einem Ort Wurzeln zu schlagen?

Ich bin ja nicht ständig nur auf der Durchreise. Ich liebe Österreich, meine Heimat. Diesem Land fühle ich mich sehr verbunden. Und es macht mir besonders viel Spaß, hier Vorträge zu halten. Viele Menschen können aus unterschiedlichen Gründen nicht reisen, also bringe ich Geschichten aus der ganzen Welt zu ihnen.

Wenn ich im Ausland bin, gehe ich. Und zu Fuß reist man auf eine ganz andere Art und Weise. Vor allem natürlich eine langsame. Aber ich versuche mich beim Wandern auch auf die „Macht des Augenblicks“ zu konzentrieren. In früheren Jahren war ich oft körperlich an einem Ort, aber mit den Gedanken ganz woanders. Jetzt versuche ich, wirklich präsent zu sein, mit dem Körper wie auch dem Geist. Und das löst bei mir ein Gefühl von Frieden und Verbundenheit aus.

Dazu kommt, dass es viele Orte gibt, denen ich mich verbunden fühle, weil ich immer wiederkomme. Patagonien zum Beispiel. Ich bin seit 2004 schon 15 Mal dort gewesen und habe Freundschaften geschlossen. Dadurch fühle ich mich auch dort verwurzelt. Mit jedem neuen Besuch tauche ich immer tiefer in denselben Ort ein.

Was sind die schlimmsten Erfahrungen, die du auf deinen Reisen machen musstest?

Ich habe sehr wenig negative Erfahrungen beim Reisen gemacht. Ich wurde nie ausgeraubt. Nie verprügelt. Hatte keine katastrophalen Vorfälle. Aber ich glaube, das hat auch einen Grund: Mir ist sehr früh klar geworden, dass es wichtig ist, voll präsent zu sein und auf meine Intuition zu vertrauen.

Ein paar Beispiele: Einmal war ich in Neuseeland und schlief im Regen in meinem Zelt. Plötzlich wachte ich auf und hatte das Gefühl, dass ich an keinem guten Ort war. Also verließ ich das Zelt, ging in Unterhose raus in den Regen, packte alles zusammen und baute mein Zelt an einem neuen Ort etwa 300 Meter weiter wieder auf. Eine Weile später in derselben Nacht kam ein starker Sturm auf und ein Baum fiel genau auf die Stelle, an der vorher mein Zelt gestanden hatte.

Ein anderes Mal wanderte ich östlich von Wien und baute spät am Abend meine Hängematte auf. Ich hatte gerade alles fertig, da überkam mich das Gefühl, dass hier doch kein guter Schlafplatz war. Also hängte ich meine Hängematte stattdessen 20 Meter weiter auf. Dann hörte ich mitten in der Nacht ein lautes Geräusch. „Was zur Hölle ist das?“, dachte ich. Als ich aufschaute, sah ich eine Gruppe Wildschweine, die gerade genau durch die Stelle gerast waren, wo vorher meine Hängematte gehangen hatte.

Welchen Rat hast du für Leute, die auch so eine epische Reise wie du antreten wollen?

Einfach losgehen. Alles wird einfacher, wenn man erst mal dabei ist. Je länger du über etwas nachgrübelst, desto komplizierter scheint es zu werden.

Was mir geholfen hat, auf Worte auch Taten folgen zu lassen, war ein Datum. Ich sagte mir, dass ich am 30. Juni 2003 meine Wanderung nach Japan antreten würde.

Natürlich schwirrten mir all die Fragen und negativen Gedanken im Kopf herum: „Wird das klappen? Wo werde ich schlafen? Was ist, wenn etwas schiefgeht?“

Aber ich hatte mein Datum festgelegt. Und am 30. Juni war ich unterwegs.

Ich finde es außerdem wichtig, seinen Traum mit Leuten zu teilen, die einen unterstützen und einem nicht im Weg stehen. Andere Menschen, die auch reisen, wandern und Abenteuer erleben. Denn wenn du nur mit Menschen sprichst, die mit deinem Vorhaben nichts anfangen können, werden sie dir höchstwahrscheinlich nur sagen, was alles schiefgehen kann – und dir jede Menge Gründe liefern, es nicht zu tun.

Du musst deine Träume beschützen. Wenn du sie mit den falschen Leuten teilst, könnten sie zerstört werden. Aber wenn du mit den richtigen Menschen darüber sprichst, können sie wachsen und zur Realität werden.

Gregors Bücher kannst du hier lesen und mehr über seine Arbeit erfährst du auf seiner Website.

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