Nastya Volokhatyuk, E-Commerce-Virtuosin bei paper republic, benutzt ihre Notizbücher schon seit Jahren als eine Art Therapieform. Sie erklärt uns, wie genau das aussieht und wie auch andere mithilfe von Notizbüchern ihr mentales Wohlbefinden verbessern können.

 

Was meinst du mit Schreiben für mentale Gesundheit? Wie genau benutzt du dein Notizbuch dafür?

Das Leben steckt für mich voller Ablenkungen. Ich glaube nicht, dass wir Menschen dafür gemacht sind, jeden Tag von so vielen Leuten und Informationen umgeben zu sein. Schon, wenn ich zur Arbeit ins Büro gehe, treffe ich auf so viele unterschiedliche Energien, die mich alle auf die eine oder andere Weise beeinflussen. Und auch einfach nur in der Stadt zu sein, hat einen Einfluss auf mich.

Mein Kopf füllt sich dann mit so viel Zeug. Ich habe schon von Dingen und Menschen geträumt, mit denen ich gar nicht so viel zu tun habe. Aber sie waren in meinem Unterbewusstsein. Dort wird alles zwischengespeichert und kommt dann raus, wenn ich träume.

Also schreibe ich immer in mein Notizbuch, wenn Ängste oder Überforderung aufkommen.

Wie hilft dir das Schreiben im Notizbuch bei deinen Ängsten?

Ich glaube, mit der Hand zu schreiben, ist eng mit Meditation verbunden, weil man sich auf eine Sache fokussiert – auf eine Tätigkeit. Man hält den Stift und fühlt, wie er in der Hand liegt. Und dann konzentriert man sich auf sein Blatt Papier und fragt sich: Was will ich schreiben?

Wenn ich aufschreibe, was mir im Kopf rumschwirrt, kann ich es loslassen. In gewisser Weise benutze ich mein Notizbuch ganz anders als diejenigen, die ihre To-dos notieren und ihre Tage durchplanen. Ich schreibe nicht, um mich an Dinge zu erinnern, sondern um sie zu vergessen.

Das ist für mich wie Meditation. Es hilft mir, alles loszulassen, was ich nicht brauche. Durch das Aufschreiben übertrage ich den Gedanken aus meinem Kopf auf das Papier. Und da kann er dann bleiben. Ich halte auch meine Therapiesitzungen in meinem Notizbuch fest, das hilft mir bei der Reflektion.

Mit welchen Notizbüchern arbeitest du?

Ich habe drei Stück: einen grand voyageur [xl] in Olivgrün (das war mein erstes Notizbuch). Dann habe ich noch ein portfolio [a6] in Schwarz; es ist ein patchwork portfolio, hat also verschiedenfarbige Innentaschen. Und für die Arbeit habe ich mein [a5] portfolio in der Sonderedition Firenze.

Beim Papier kaufe ich meistens die Refills for Ukraine. Ich mag die Illustrationen und liebe das Blanko-Papier. Es eignet sich perfekt für meine Art zu schreiben. Und meinen neuen card & cash holder finde ich super, um alles Mögliche aufzubewahren.

Wie sieht deine Methode aus?

Wie viele andere auch, weiß ich oft nicht, was ich schreiben soll. Ich habe in der Vergangenheit schon jede Menge Schreibmethoden ausprobiert. Zum Beispiel ein tägliches Tagebuch: Heute habe ich das gemacht. So geht es mir gerade. Irgendwann habe ich damit aber wieder aufgehört, weil es für mich auf Dauer nicht funktioniert hat.

Jetzt ist mein Notizbuch ein Sammelplatz für viele unterschiedliche Dinge. Wann immer ich mich überfordert fühle, greife ich zu meinem Notizbuch und fange einfach an zu schreiben. Das kann im Büro sein, im Café oder auch in der Tram.

Mein Einstieg ist: Was kann ich sehen? In der kognitiven Therapie gibt es eine Methode zur Beruhigung bei Panikattacken oder starken Angstzuständen. Dabei sucht man im Raum nach Objekten mit derselben Farbe und benennt sie.

Wenn ich mich also überfordert fühle, schreibe ich einfach auf, was ich vor mir sehe. Sehe ich Menschen? Sehe ich eine Tasse? Wie sieht die Tasse aus? Welches Gefühl gibt mir die Tasse? Wie fühle ich mich gerade auf meinem Sitzplatz?

Ich zerlege den Ort oder Raum um mich herum in seine Einzelteile und schreibe darüber. Das bringt mich stark zur Ruhe und hilft mir, Angstgefühle abzumildern.

 

Was an der Tätigkeit des Schreibens hilft deiner Meinung nach genau?

Ich glaube, wenn man seine Gedanken und Beobachtungen in ein Notizbuch schreibt, ist das wie ein Selbstgespräch. Man beschäftigt sich dabei nur mit sich selbst. Man ist präsent und spricht zu sich selbst. Das machen wir sonst nur selten. Einige Menschen haben ja auch Angst vor Gesprächen mit anderen. Auch für sie kann das Schreiben hilfreich sein. Ich glaube nicht, dass es die Tätigkeit an sich ist. Sondern der innere Dialog mit sich selbst. Aber weil es diese Pause gibt zwischen den Gedanken und den niedergeschriebenen Worten, ist es noch kreativer. Poetischer.

Liest du dir manchmal durch, was du in der Vergangenheit geschrieben hast?

Für mich geht es eher um das Schreiben selbst und weniger darum, mir das Geschriebene hinterher durchzulesen. Das mache ich selten, aber wenn, dann lese ich gleich eine ganze Menge. Manchmal ist dieser Rückblick schwierig auszuhalten, denn ich habe immer am meisten geschrieben, wenn es mir besonders schlecht ging. Bei einigen Passagen denke ich: Wow, wie habe ich das bloß überlebt?

Du sprichst wunderbar flüssig Englisch, bist aber geborene Ukrainerin. Schreibst du auf Ukrainisch oder Englisch?

Tatsächlich beides. Kommt ganz auf meine Stimmung an. Als Kind habe ich meine Tagebücher auf Englisch geführt, damit meine Eltern sie nicht lesen konnten. Und ich habe mich so ans Schreiben auf Englisch gewöhnt, dass ich für eine Weile nur in dieser Sprache geschrieben habe. Aber es hat auch etwas Schönes, in seiner Muttersprache zu schreiben. Mir ist aufgefallen, dass man beim Schreiben in einer Fremdsprache nicht ganz so authentisch ist. Die Worte haben nicht das gleiche Gewicht. Wenn ich zum Beispiel das Wort Liebe auf Englisch und Ukrainisch sage, hat es zwei sehr unterschiedliche Konnotationen für mich. Im Ukrainischen fühle ich tatsächlich die Emotion dahinter.

Was gefällt dir an paper republic im Vergleich zu anderen Notizbüchern?

Meine Eltern arbeiten in der Medizin und haben immer Notizbücher als Werbegeschenke von Pharmaunternehmen bekommen. Ich habe viele davon ausprobiert, bin aber nie drangeblieben. Dann habe ich mir eine Weile digitale Notizen gemacht, meistens auf dem Handy. Aber ich fand es immer schön, auf richtigem Papier zu schreiben.

Dann hatte ich meinen ersten grand voyageur und fand den einfach so cool – wegen des echten Leders und weil er so prall aussieht und man ihn mit so vielen unterschiedlichen Dingen füllen kann. Mit dem schicken Vintage-Look fühle ich mich wie eine richtige Autorin. Genau so habe ich mir das als Teenagerin immer erträumt – mit Whiskey und Ledernotizbuch, wie die US-amerikanische Autorin, Kritikerin und Publizistin Susan Sontag. Und ich habe noch nie so regelmäßig in mein Notizbuch geschrieben wie jetzt.

Zum Schluss noch dein Tipp für alle, die unter Ängsten leiden: Wie können sie mit ihrem Notizbuch anfangen, um sich besser zu fühlen?

Zuallererst: Hol einfach dein Notizbuch raus und schreibe irgendwas auf. Fange damit an, den Raum zu beschreiben und die Dinge, die du vor dir siehst. Denk dran, dass es darum geht, dich durch das Schreiben besser zu fühlen – und nicht darum, den Booker Prize zu gewinnen.

Schreibe über deine Umgebung. Über deine Gefühle. Darüber, was du heute gegessen hast. Es ist ziemlich egal, ob dir das Endergebnis gefällt. Am wichtigsten ist, das „richtige“ Schreiben aus dem Kopf zu bekommen und einfach drauflos zu schreiben.

Und es ist hilfreich, wenig und dafür oft zu schreiben. Deshalb nutze ich die Größe XL. Das Notizbuch ist groß genug, dass ich frei schreiben kann, aber auch klein genug, dass ich es überallhin mitnehmen kann. So kann ich es in der Tram rausholen oder im Café, am Schreibtisch oder wo auch immer ich es brauche.

Durch das Schreiben komme ich viel besser mit Ängsten und Stress zurecht. Ich kann es anderen in einer ähnlichen Situation nur ans Herz legen.

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