Zu Beginn des Ukrainekriegs schloss die Zahnklinik, in der Anna Kharabuha arbeitete. Und Anna stieg vom Einsetzen von Zahnfüllungen auf die Gestaltung ausgefallener Schmuckstücke um. Seither entwirft sie futuristische „Exoskelette“ für die Finger und Earcuffs, die von DJs und Modebewussten auf der ganzen Welt getragen werden.

Anna erzählt, wie sie mithilfe ihrer Notizbücher von paper republic ihr Schmuck-Business „Broq“ (und ihr Leben) organisiert und inwiefern ihr grand voyageur [pocket] mittlerweile ihre Handtasche ersetzt.

 

Du lebst in Kiew in der Ukraine. Wie sieht das Leben dort aktuell aus?

Wenn mitten in der Nacht Drohnenangriffe stattfinden, ist es beängstigend. Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt und geben unser Bestes, weiterhin ein normales Leben zu führen. Aber es ist nicht gerade gesund, tägliche Bombenangriffe zu normalisieren.

Davon abgesehen bin ich im Moment total glücklich, weil mein Freund gerade nach neun Monaten an der Front nach Hause gekommen ist. Er war derjenige, der mir die Notizbücher von paper republic gezeigt hat. Vor dem Krieg war er Stand-up-Comedian und brauchte ein Notizbuch, um an seinen Witzen zu arbeiten.

Du hast dich von der Zahnärztin zur Schmuckdesignerin gewandelt. Welche Geschichte steckt dahinter?

Ich habe Zahnmedizin studiert und in einer Zahnklinik in Kiew gearbeitet. Gleichzeitig machte ich ein bisschen Grafikdesign nebenher und lernte Schmuckdesign, um einen besonderen Ring für meinen Exfreund anzufertigen.

Als die Coronapandemie losging und alles schloss, machte ich mir Gedanken über weitere Geldquellen. Ich wollte etwas Stabiles, dem Lockdowns nichts anhaben können. Damals fertigte niemand den Schmuck an, den ich im Kopf hatte. Also machte ich eine ganz simple Website mit ein paar Fotos für meinen „Broq“-Schmuck und das wars auch schon. Einige Freunde kauften ein paar Stücke zum Freundschaftspreis, aber es war nur ein Nebenprojekt.

 

 

Dann fing der Krieg an. Unsere Zahnklinik schloss noch am ersten Tag und mein Job löste sich in Nichts auf. Ich dachte darüber nach, wieder mit Grafikdesign anzufangen. Aber dann bekam ich immer mehr Schmuckbestellungen aus dem Ausland.

Einige befreundete DJs, die meine Schmuckstücke gekauft hatten, trugen sie bei ihren weltweiten Shows vor ihrem Publikum. Das überraschte mich ziemlich, aber machte mir auch klar, dass aus Broq ein ernsthaftes Business werden kann. Ich bin dann nicht mehr zur Zahnmedizin zurückgekehrt.

Deine Designs haben einen organischen, fließenden Stil. Woher kommt die Inspiration dafür?

Meine ersten Schmuckstücke waren von Muskeln und Bändern inspiriert, weil ich im Rahmen meiner zahnmedizinischen Ausbildung viel über Anatomie lernte. Dann fing ich an, über die Veränderung organischer Formen nachzudenken – wie etwas lebt, dann stirbt und sich zersetzt, bis es wieder Teil des Erdbodens ist, aus dem neues Leben entspringt. Auch die Veränderung von Persönlichkeiten im Laufe des Lebens beschäftigte mich.

Ich wollte Schmuck für Menschen gestalten, die diese Transformation zu schätzen wissen. Meine Stücke sollen bei ihnen bleiben und sich mit ihnen verändern. Wenn man sich zum Beispiel einen Silberring bestellt, wird er mit der Zeit Kratzer und Dellen bekommen. Und die Farbe wird sich durch Oxidation langsam verändern. Viele der Stücke von Broq stehen ganz im Zeichen der persönlichen Transformation im Laufe der Zeit.

Wie kommen deine Notizbücher von paper republic beim Schmuckdesign ins Spiel?

Ich nutze mein Notizbuch nicht nur für Schmuckdesign, sondern für alles! Ich trage sämtliche Alltagsgegenstände darin herum – mehrere Notizbücher, Bargeld, ein wenig Schmuck. Wie eine Handtasche. Tatsächlich könnte ich gut einen Schultergurt dafür gebrauchen!

Ich habe den grand voyageur [pocket] in Olivgrün. Ursprünglich war der für meinen Freund gedacht, aber er mochte plötzlich kein Grün mehr und besorgte sich einen in Braun. Deshalb habe ich jetzt das grüne Notizbuch.

Ich skizziere darin meine Schmuckdesigns, Ideen für Taglines und Werbeanzeigen. Außerdem habe ich meine ganze Leseliste, einen Buch-Tracker und natürlich mein Tagebuch mit drin. Mein Notizbuch ist ziemlich voll.

Du führst Broq seit 2019. Welches Wissen von heute hättest du gern damals schon gehabt?

Ich wünschte, ich hätte das Konzept eines MVP früher gekannt: das „minimal viable product“ (auf Deutsch „kleinstmöglich realisierbares Produkt“). Am Anfang arbeitete ich genau andersherum. Ich schuf ein ganzes Universum von Schmuckstücken und musste einsehen, dass das meiste davon sich nicht gut verkaufte. Einige meiner Freunde arbeiten in Tech-Start-ups und haben mir geholfen, die Dinge anders zu betrachten.

Jetzt arbeite ich zum Teil wie im Start-up – ich zeige meiner Zielgruppe zum Beispiel Fotos mit neuen Designs und warte die Reaktionen ab, bevor ich mich festlege und alles in die Produktion gebe.

Welches Stück ist deine absolute Lieblingskreation?

Mein Vollfinger-Ring, der bq_X. Ich wollte etwas Großes und Forsches machen, mit dem man aber trotzdem arbeiten kann. Der Ring stört in keinster Weise das Gelenk. Er ist so entworfen, dass man seinen Finger ganz normal beugen kann. Wie ein Exoskelett aus Silber.

Welchen Rat hast du für andere Leute, die ihren eigenen Schmuck entwerfen und verkaufen wollen?

Durchhalten. Fang an und hör nicht auf, bis alle anderen aufhören, die mit dir an den Start gegangen sind. Bleib einfach dabei.

Schau dir auf Broq.world Annas komplette Schmuckkollektion an.

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Wie das geht? Schick uns eine E-Mail an sam@paper-republic.com und beschreibe uns kurz, wie du dein Notizbuch nutzt. Vergiss nicht, „inside my journal“ als Betreff anzugeben.

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